It's going to get worse and worse and worse, my friend

Lisbeth Gruwez/Voetvolk

(c) Luc Depreitere
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It's going to get worse and worse and worse, my friend

Lisbeth Gruwez/Voetvolk

Lisbeth Gruwez und ihrer Gruppe Voetvolk verkündet wenig Gutes. Tatsächlich hat sich Gruwez an ein heikles Thema gewagt: das manipulative Element der Rede, das sich schon viele, vom Revolutionsführer bis zum Fernsehprediger, zunutze gemacht haben. Von Beginn an hat hier die schmale androgyne Erscheinung die Bühne unter Kontrolle und alle Aufmerksamkeit fest auf sich gezogen. Durch immer temporeichere reduzierte Bewegungen und Gesten steigert sich Gruwez’ Energielevel zusehends. Beeindruckend ist dabei auch ihre Interaktion mit der Musik, die sie antreibt: Sound wie auch eingespielte Sätze des amerikanischen TV-Evangelisten Jimmy Swaggart werden förmlich von ihrem Körper aufgesogen. Worte und Inhalt verblassen vor der unbändigen Faszination des tranceartigen Zustands, dem sich die Tänzerin hingibt.

Infos

Dauer: ca. 50 Min.

! Leider müssen die Vorstellungen am 16.4. und 17.4. im Mousonturm wegen einer Verletzung der Künstlerin abgesagt werden. Die beiden Aufführungen werden auf Sonntag, den  23.6.2019 um 20 Uhr  und auf Montag 24.6.2019 um 20 Uhr verschoben.

Gäste die bereits Tickets für die Aufführungen am 16.4. und 17.4. erworben haben, werden von ADticket, dem Kartenanbieter des Mousonturm, direkt kontaktiert. Bereits gekaufte Karten behalten ihre Gültigkeit für den 23.6. und 24.6.

Beteiligte und Förderer

Konzept, Choreografie & Performance: Lisbeth Gruwez
Komposition, Sounddesign & Assitenz: Maarten Van Cauwenberghe
Styling: Veronique Branquinho
Künstlerische Beratung: Bart Meuleman
Lichtdesign: Harry Cole & Caroline Mathieu
Technische Leitung: Thomas Glorieux
Danke an: Tom de Weerdt
Poduktionsmanagement: Arnaud Vanrafelghem

Produktion: Voetvolk vzw, Koproduktion: Grand Theater Groningen, Troubleyn/Jan Fabre, Theater Im Pumpenhaus und AndWhatBeside(s)Death, Vertrieb: Key Performance, mit der Unterstützung von: the Province of West Flanders, the Province of Antwerp, the Flemish Community and Arcadi Île-de-France/Dispositif d’accompagnements 

Mehr Informationen

Beute sein, Beute machen

Lisbeth Gruwez tanzt ihr Solo „It’s going to get worse and worse and worse, my friend“ im Mousonturm.
VON MELANIE SUCHY

Gegenlicht meißelt die Figur in den Raum, gibt ihr Macht. Sie späht. Jetzt! Eine Hand streicht vor dem Körper waagerecht in die Luft. Noch einmal. Sie glättet etwas. Beide Hände sind groß, sie reden über etwas, das zwischen diesem Menschen und dem Publikum steht. Sie wiederholen. Sie beschwören. Beschwichtigen. Sind dabei nicht harmlos.

Lisbeth Gruwez gastierte zuletzt im Mai 2011 im Mousonturm mit ihrem Solo „Birth of Prey“ von 2008, das ihr Musiker-Partner Maarten Van Cauwenberghe live begleitete, indem er soundmäßig zum Jäger der Kreatur neben ihm wurde. Weltweit tourt Lisbeth Gruwez inzwischen mit ihren Stücken, die so direkt und ansprechend sind, dass sie auch ein tanzunerfahrenes Publikum fesseln. Im belgischen Kortrijk 1977 geboren, studierte sie zunächst Ballett, dann auf Anne Teresa De Keersmaekers Schule P.A.R.T.S., tanzte in Flandern bei Choreografen wie Wim Vandekeybus und Jan Fabre, bevor sie 2007 mit Van Cauwenberghe ihr Label Voetvolk gründete. Ab 2012 bauten sie eine „Trilogie zum ekstatischen Körper“ mit dem Solo „It’s going to get worse and worse and worse, my friend“, dem Gruppenstück „AH/HA“ (2014) übers Lachen und dem unheimlichen Duett „We are pretty fuckin’ far from okay“ (2016). Wegen einer Verletzung ihres Tanzpartners zeigt sie nun im Mousonturm nicht, wie geplant, das letzte, sondern zunächst das erste Stück aus der Reihe.

In „It’s going to get worse and worse and worse, my friend“ verleibt sie sich Gesten ein, lässt sich von ihnen führen und fressen: sie entstammen den Reden des ultrakonservativen amerikanischen Fernsehpredigers Jimmy Swaggart. Die Hände dirigieren Kurven in die Luft, und die Linie entlang der Körpermitte rammt „eins“ oder „ich“ auf den Platz. Die Unterarme kreuzen sich brav, die Hände halten um den Kopf eine harte Kiste, formen über ihm einen Riesentrichter. Die Arme schießen quer, die Schultern boxen, die Hand stützt sich auf den Beckenkamm: Torero. Der schreitet vorwärts, tritt wie ein „Aber“ zurück, wendet zackig. Er behält das Gegenüber, die Menge, im Auge, wiederholt, variiert, beschleunigt, erschöpft sich, droht.

Der Tanz wird aus der Rede geboren, er will bezwingen. Er füllt oder beschreibt einen konkreten, körperlichen, jedoch unpersönlichen Raum, der gleichzeitig imaginär ist. Die Bewegungen, nur ansatzweise lesbar, sind groß, laut; den Gott da oben soll man sich wohl so vorstellen. Kalte Klänge gibt Van Cauwenberghe aus dem Off dazu, und er wirft gesampelte Swaggart-Brocken hinein: "we“, „we all made "advancements“, „no advancement at all“. Etwas kippt. „It‘s going to get worse and worse and worse, my friend“. Die Stimme des Predigers zittert. Die innere Wallung ist hier das Atmen der Tänzerin, das Pumpen des Körpers, das Beben. Erschütterung wird vorgeführt. Dann das erleuchtete Leichtwerden. Es geht um Kontrolle. Die Gewalt, mit der Lisbeth Gruwez Tanz behauptet, ist bravourös. Ende des Geplauders, Ende der Bescheidenheit! Es wird immer schlimmer, Freunde.