(…..) Ein Stück, dem es scheißegal ist, dass sein Titel vage ist

Jetse Batelaan/Theater Artemis

(c) Jörg Baumann
(c) Jörg Baumann
(c) Jörg Baumann
(c) Jörg Baumann

(…..) Ein Stück, dem es scheißegal ist, dass sein Titel vage ist

Jetse Batelaan/Theater Artemis

Ein stark behaarter Sänger hat vor langer Zeit gesungen: „Is this the real life, is this just  fantasy?“ Zu Eurer Info, ein echt cooler Song. Aber wir fragen uns, warum der Sänger nie eine klare Antwort bekommen hat. Weil jeder denkt, dass das Leben normal ist? Dass wir keine Fragen stellen dürfen? Wenn alles so super klar ist, warum finden wir dann nichts, wenn wir uns in den Arm kneifen?

Stress doch deine Mutter, wenn Du unsere Zweifel nicht ertragen kannst, aber nerv uns nicht mit deinen Sicherheiten.

Wir denken.
Wir zweifeln.
Fuck you!

Warum müssen wir etwas verstehen, das eigentlich nicht zu begreifen ist?

Übrigens hat der Song von Queen nicht den geringsten Scheiß mit unserem Stück zu tun. Er kommt nicht mal darin vor. Ist bloß ein Beispiel. Oder ist das jetzt auch nicht mehr erlaubt? Zickst Du dann am Ende an der Kasse, dass der Promotext nicht stimmt.

Mach doch. Da stimmt viel mehr nicht.

Infos

ALL IN ab 12
Dauer: ca. 60 Min.
Sprache: Deutsch
Vermittlungsmaschine im Anschluss an alle Vorstellungen
Ein Werkauftrag im Rahmen der Frankfurter Positionen 2019
Regie: Jetse Batelaan
Performance: Willemijn Zevenhuijzen, Carola Bärtschiger, Elias de Bruyne
Kostüm: Eva Koopmans
Musik: Les Trucs (Charlotte Simon, Toben Piel)
Bühnenbild: Theun Mosk
Dramaturgie: Anna Wagner & Marcus Droß

Eine Produktion von Theater Artemis, in Koproduktion mit Künstlerhaus Mousonturm und Ruhrtriennale 2018-2020. Ein Werkauftrag im Rahmen der Frankfurter Positionen Festival 2019, eine Initiative der BHF-Bank Stiftung. Gefördert durch das Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen der intergenerationalen Vermittlungsinitiative ALL IN – FÜR PUBLIKUM JEDEN ALTERS sowie durch den Performing Arts Fund NL.

Das Netzwerk der Frankfurter Positionen 2019: BHF-BANK-Stiftung, Deutsches Theater Berlin, Ensemble Modern, Frankfurt LAB, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main, Institut für Sozialforschung (IfS), Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique (Ircam), Kaserne Basel, Künstlerhaus Mousonturm, MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main, Schauspiel Frankfurt, Schauspiel Stuttgart, S. Fischer Verlag, Städelschule/Portikus, Verlag der Autoren, Medienpartner hr2-kultur.

Mehr Informationen

„Theater ist etwas, dem man sich widersetzt“
Am Mousonturm bringt der gefeierte niederländische Theatermacher Jetse Batelaan ein neues Stück für Menschen ab
12 Jahren zur Uraufführung. Der Titel lautet: „(.....)“.
VON HESTER VAN HASSELT
„Die Geschichte der Geschichte“, „Echte Frauen joggen im Regenanzug“ oder „Der Tag, an dem der Papagei selbst etwas zu sagen hatte“: Jetse Batelaans Stücktitel sind normalerweise vollmundig. Doch seine neue Arbeit kommt erstaunlich still daher. Fünf Punkte in Klammern – ganz so, als würde der Titel schweigen. Oder als hätte er sich aus dem Staub gemacht. Und das, obwohl Batelaan diesmal auf der Bühne lautstark sein wird wie nie zuvor: Denn „(…..)“ entsteht im Mousonturm in enger Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Musikduo Les Trucs, das für seinen ungestümen Elektro-Sound bekannt ist.In den Niederlanden ist er ein gefeierter Theatermacher, und schon während seiner Ausbildungszeit sorgten Batelaans Arbeiten für Furore. Im Stück „Echte Frauen joggen im Regenanzug“ (2001) sangen vier Männer im Maßanzug aus einem leeren Gewächshaus heraus einer Frau in High Heels zu. Sie sangen Schuberts „Wie schön du bist“. Bis die Frau schließlich einen nach dem anderen aufrecht in der Mülltonne versenkte, die (noch immer singenden) Männer aus dem Theater herausrollte und an die Straße stellte. Humor, Rebellion und eine ungewöhnliche Dosis Anteilnahme: Diese Mischung kennzeichnet das Werk von Jetse Batelaan. Seit 2013 ist er künstlerischer Leiter des Theater Artemis in ‘s-Hertogenbosch und widmet sich ausschließlich Stücken für Kinder und Jugendliche, in denen jegliche Erwartungen über den Haufen geworfen werden. In „Der erhobene Zeigefinger“, ein Stück über Autorität, zertrampeln und zerstören die Schauspieler nach einem kurzen Vorspiel das komplette Bühnenbild. In „Wie die großen Menschen weggingen und was danach geschah“ übernehmen die Kinder aus dem Publikum die Aufführung, und die Schauspieler verlassen das Theater durch den Seiteneingang. „Theater ist etwas, dem man sich widersetzt“, beschreibt Batelaan seine Grundhaltung – die insbesondere für ein Theater gelte, das sich an junges Publikum wendet. „Ich versuche, die Hierarchie zwischen den Schauspielern und den Zuschauern aufzuheben. Ich verleihe dem Publikum immer mehr eine Stimme. Besonders gefällt mir dabei, dass beide Seiten sich in unwegsames Gelände begeben. Dass wir einander in einem kollektiven Zustand der Verwirrung antreffen. Nichts ist mehr festgelegt. Alles ist möglich. Daraus entsteht eine selten gewordene, gemeinsame Verantwortlichkeit.“ Es gefalle ihm, über etwas verfügen zu können, „was einem vollkommen fremd ist und womit man auf überraschende Weise all seine Vorurteile überwindet. Ich glaube, das ist ungemein wichtig. Eine ausgezeichnete Gelegenheit, ein Risiko einzugehen. Ich betrachte mein Theater gerne als Lehrstunde für Vertrauen in eine panische Welt.“ In einem früheren Stück für die Altersgruppe ab 12 Jahren, „Der Tag, an dem der Papagei selbst etwas zu sagen hatte“ (2014, im Mousonturm 2017 zu Gast), ließ Batelaan die Zuschauer die Schauspieler nachsprechen und trieb diese damit fast in den Wahnsinn. Die Schauspieler spielten eine Gruppe introvertierter Pubertierender, die sich andauernd hinter den Worten eines anderen verschanzten. Bei „(…..)“ hingegen agieren die Pubertierenden nun auffällig und übertrieben selbstbewusst auf der Bühne. Zwei Mädchen und ein Junge, die sich unglaublich cool und super lustig finden. Personen, die demonstrieren, dass es sie gibt.