Land (Stadt Fluss)

Kötter/Seidl

(c) Marcus Lieberenz
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Land (Stadt Fluss)

Kötter/Seidl

Was wird aus dem Land, wenn die Zukunft unseres Planeten – wie man hört – in den Städten entschieden wird? LAND (STADT FLUSS) bringt das Land in die Stadt, ein Stück Wiese vom Johannishof nahe Dehrn, irgendwo zwischen Frankfurt und Köln. Wer es sich auf der Wiese im Theater mit Decke und Getränk gemütlich macht, ist eingeladen sich in aller (Un-)Ruhe, die LAND zu bieten hat, umzusehen und umzuhören. Denn das Land ist so fundamental wie vieldeutig. LAND (STADT FLUSS) bietet einer temporären Kommune fünf Stunden Zeit fürs Musizieren, Arbeiten und Kochen, fürs Ländergründen und Bücherlesen, fürs Visionieren und Resonieren. Was wird aus der Stadt, wenn die Zukunft unseres Theaters – wie man hört – auf dem Land liegt? „Der Städter verlässt dieses 'Land' nach fünf Stunden so erholt wie nach einem Ausflug.“ (Doris Kösterke, FAZ)

Infos

Dauer: 300 Min.
Sprache: Deutsch
Mousonturm-Koproduktion

Triple-Ticket mit „Stadt“ und „Fluss“ buchbar: € 25 (erm. € 12)
Achtung: Die Vorstellungen von „Land“ und „Fluss“ am 17. & 18.1. können am selben Tag besucht werden.

Beteiligte und Förderer

Künstlerische Leitung: Daniel Kötter, Hannes Seidl
Bühne und Ausstattung: Elisa Limberg
Musik/Performance: Andrew Digby, Rike Huy, Ona Ramos, Elsa Scheidig, Richard Millig, Paul Hübner, Gabriel Trottier
Libretto: Johann Pastuch
Gestaltung Libretto: Nafise Fathollahzadeh
Mitarbeit Filmdreh: Maximilian Bamberg
Künstlerische Produktion: Mariam Kamiab
Lichtdesign: Sebastian Schackert
Ausstattungsbetreuung: Natalia Orendain
Produktionsleitung: ehrliche arbeit - freies Kulturbüro

Eine Produktion von Kötter/Seidl in Koproduktion Künstlerhaus Mousonturm, Alte Oper Frankfurt und BAM! - Berliner Festival für aktuelles Musiktheater.
Gefördert durch das Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main.

„STADT LAND FLUSS“ wird gefördert durch das Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main sowie durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen der intergenerationalen Vermittlungsinitiative ALL IN – FÜR PUBLIKUM JEDEN ALTERS.

Mehr Informationen

1h30’ nach Beginn der Kameradrehung

Oviedo: Der alte Schäfer sieht im Traum über leere Länder. Er blickt über das leer gewordene Land bis zum Ural, bis zum Kaukasus, er überblickt das unspektakuläre leere Land, die weite leere Steppe, die große fruchtbare und unbewohnte Erde, Gebiete mit Gras und Gas. Er sieht eine Gegend, in der es unter dem Gras zwar auch Kalk gibt, aber auch Gas und noch viel mehr, aber auf dem Gras ist niemand. Im Boden liegt so viel, aber niemand läuft drüber. Da, es gibt einen Fluchtpunkt und er sieht, dass da eine Landflucht ist. Das Land ist nicht noch leer, es ist wieder leer. Dieser Traum ist ein Pastoraltraum, der alte Schäfer sieht im Traum ein Zurückstück, der sieht, dass die Leute zurück sind, in diesem Fall zurück aus dem Land, zurück, weg vom Land. Zurück in die Stadt. Die sind vom Land geflüchtet. Er blickt auf die, die dort, im und auf diesem Hinderland umgerechnet sehr sehr sehr wenig verdienen. In der Sekunde? In der Stunde? Im Monat! Der sieht im Traum keinen Sekundenmangel, keinen Stundenmangel, der sieht Monatsmangel! Also die Leute auf dem Land verdienen nicht nur sehr wenig, sondern das auch noch im Monat. Oder sie finden gar keine Arbeit. Also gibt es Landflucht und es gibt scheinbar kein zurück und da muss die Regierung die Wurzelfrage stellen.

Der alte Schäfer: Träum ich wieder? Landflucht? Still, im Traum spricht jemand! Ich darf nicht sprechen, wenn ich schlafe, sonst höre ich nicht, was im Traum gesagt wird.

3h35' nach Beginn der Kameradrehung

Oviedo: Der Blick schweift über das Land, noch einmal, schon wieder. So, wie die Dinge vorbeiziehen, immer wieder, sieht man nicht, was zentral sein könnte. Das Tableau, das diese Gesellschaft bieten soll, ist ausgebreitet. Auf der Wiese ist vieles flüchtig, es zieht vorbei, sowie immer wieder Leute über die Wiese ziehen, mal sind es die gleichen wie eben. Ein Fluchtpunkt bietet sich nicht. Zu sagen, dass sich auf dieser Wiese, in diesem Land etwas entwickelt, das ist nicht zu viel gesagt, aber es ist irreführend. Hier wird nichts ausgepackt.

Alles, was zu sehen ist, soll auf derselben Ebene angesiedelt sein, so wünscht man sich das manchmal auf dem Land. So soll es sein. Soll sich etwas aufspielen, es fällt zusammen mit allem dem, was sich nicht aufspielt. Das pastorale Zurückstück setzt auf Null, immer wieder. Das pastorale Begehren ist auf ein ausfransendes Gesäusel gerichtet. Auf dem Land, da soll es nicht so dicht zugehen.

Das ist ein Tableau, alles auf einer Tafel, alles in einem Tableau. Nicht nur die Dinge, nicht nur die Personen, auch die Dinge, auch die Personen, auch die Handlungen, nicht nur die Handlungen, auch die Ziffern und Zahlen, alles auf einem Tableau und alles in einem Tableau. Alles auf den Tisch. Alles auf die Tafel. In diesem Tableau und an der Tafel wird gefeiert und gemessen, hier wird geteilt, alles wird geteilt und alle sollen teilhaben. Ein Zurückstück, eine ewige Melodie, eine Pastorale, will das so. Eine Ebene, eine gerechte Verteilung.

3h50' nach Beginn der Kameradrehung

H: Das Land verteilt, es verteilt sich alles, verschiebt sich und bricht auf. Alles verschiebt sich und alles ist verschoben. Sogar der alte Schäfer ist plötzlich derjenige, der immer auf dem Hof blieb und der sich sein Leben lang um den Hof kümmerte und dem darüber ein großes Herz immer größer wuchs und der über die Jahre immer weiser wurde. Der alte Schäfer steht plötzlich weißhaarig vor dem Hof und ist nicht jener in kurzen Zügen ausgedachte Unternehmer. Er ist plötzlich der Gastgeber, einen besseren kann man sich nicht vorstellen. Er spricht davon, wie er sein Leben nur bis zum nächsten Misthaufen vor dem Hof gekommen ist und wie er sich die Welt auf den Hof geholt hat, viel Welt, möglichst viel Welt. Wo er nicht spricht, da macht er treffende Gesten. Der junge Schäfer ist plötzlich einer der Pfosten, dann aber jemand aus der Blaskapelle und er ist sehr engagiert. Und ein Pfosten wird Huhn. Etwas schwingt, zum Brummern, später dann zu einer Fanfare. Aus den Schäfern werden Ballen. Die Luft wird hier und da so dicht, sie gerinnt und nimmt Form an, es bilden sich Sachen aus, teils praktischer Art, auch Tüten sind darunter. Dafür zerfließt anderes und jemand verpufft.

Text: Fabian Steinhauer