Radio Donna

Laura Stellacci

(c) Emile Rubino, Laura Stellacci
Nahaufnahme eines Handys, das gegen einen Spiegel auf dem Boden gelehnt ist. Das Telefondisplay zeigt ein Archivbild einer Gruppe von Frauen, die ihre Arme in einer Geste über ihre Köpfe heben. Die verschwommene Reflexion im Spiegel zeigt, zur Linken des Handys, eine sitzende Person mit erhobenen Armen. Rechts neben und über dem Telefon im Spiegel sind drei weitere Figuren zu sehen, die verschränkt übereinander sitzen und Jogginghosen mit Streifen am Bein tragen.

Radio Donna

Laura Stellacci

Als die italienischen Autonomiebewegungen in den 1960er und 70er Jahren die klassischen Formen der gewerkschaftlichen Organisation ablehnten, gab ihr kollektiver Widerstand der feministischen Bewegung und der streikenden Arbeiter*innenbewegung Auftrieb. Ein dezentrales Netz freier Radiosender im ganzen Land informierte und politisierte die Zuhörenden.

„Radio Donna“ ist eine Tanzperformance, die auf diese volatile Vergangenheit Bezug nimmt. Wie ein unmögliches Lied windet sich das Stück durch Szenen und Sequenzen und komponiert aus einer Reihe von Verweisen, verspielter Gesten und Manipulationen eine fiktive Radiosendung. Begleitet werden sie dabei von einer Feststellung der Tanzrevolutionärin Yvonne Rainer: „Der Kontrast zwischen abstrakter Bewegung, die mit Fakten und Geschichte verknüpft wird, bleibt eine Herausforderung“. Radio Donna weitet den Rahmen dieser Frage aus, indem die Performance mit einer Körpersprache der Widersprüche, der Zweifel und der Freude operiert.

Infos

Dauer: ca. 60 Min.
Sprache: Englisch, Italienisch

 

Beteiligte und Förderer

Von und mit: Liza Baliasnaja, Dorsey Bushnell, Katja Cheraneva, Laura Stellacci
Lichtdesign: Carina Premer

In Kooperation mit der Hessischen Theaterakademie. Förderer: Hessische Theaterakademie, Kulturamt Frankfurt, La Raffinerie/Charleroi Danse

Historischer Hintergrund & weitere Biografien

Historischer Hintergrund

Radio Donna sendete verschiedene Formate, in denen Themen wie Arbeitslosigkeit und Frauenarbeit einfach, aber wirkungsvoll behandelt wurden. Das feministische Kollektiv wurde 1976 in Rom als Teil des linken Radio-senders Radio Città Futura gegründet. Es trug die Ideen der Befreiung in zahlreiche Haushalte und überzeugte sogar Frauen älterer Generationen, die Küche zu verlassen und sich dem Radiokollektiv anzuschließen.

Am 9. Januar 1979 wurden fünf Frauen während ihrer wöchentlichen Sendung über ein neues Abtreibungs-gesetz von einer neofaschistischen Gruppe angegriffen. Die Schreie der Frauen waren live auf Sendung zu hören, bevor ein Molotov-Cocktail das Equipment in Brand setzte und den Frauen in die Beine geschossen wurde. Trotz der Gewalt nahm das Kollektiv kurz nach dem Angriff die Arbeit wieder auf, organisierte Treffen und setzte die Sendungen fort.

 

Biografien Team

Liza Baliasnaja ist Choreografin und Tänzerin, die zwischen Köln und Vilnius arbeitet. In ihren Arbeiten, die Bewegung und Sprache nahtlos miteinander verbinden, untersucht sie Denkformen und -muster sowie die Art und Weise, wie wir die Welt lesen. Ihr Interesse richtet sich auf die Hinterfragung der historischen, politischen und sozialen Strukturen, die unser Selbst-verständnis prägen. Liza studierte Tanz und Choreografie in P.A.R.T.S und Philosophie an der Universität KU Leuven in Belgien. Als Performerin hat sie unter anderem mit Eszter Salamon, Christine De Smedt, Lenio Kaklea, Ula Sickle und DD Dorvillier zusammengearbeitet. Als Pädagogin und Mentorin unterichtet sie an der Litauischen Akademie für Musik und Theater.

Dorsey Bushnell absolvierte eine Ausbildung in Expressive Arts Education in der Schweiz und den USA und arbeitet seit über 20 Jahren in verschiedenen Tanz-/Theaterprojekten und Workshops mit Jugendlichen, Erwachsenen und Migrant*innen als Freiberuflerin in diesem Bereich. Außerdem war sie 12 Jahre lang persönliche Assistentin des Choreografen William Forsythe, Mentorin an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst im Master of Contemporary Dance Education Program und bei beramí berufliche Integration e.V.. Sie ist Mitbegründerin, Sprecherin und Co-Koordinatorin des Women's March Frankfurt am Main.

Katja Cheraneva ist freischaffende Tänzerin und Choreografin und lebt zwischen Berlin und Frankfurt. Sie hat eng mit Choreografen wie Fabrice Mazliah, Lea Letzel, Francis Chiaverini, Janina Arendt, Ksenia Ravvina und bildenden Künstlern wie Anne Imhof, Dudu Quintanilha, Gabriele Rendina Cattani zusammengearbeitet. Sie war Mitglied der Forsythe Company (2010- 2015) und Mitbegründerin von HOOD, mit denen sie von 2017-2019 ein künstlerisches Stipendium bei PACT Zollverein hatte. Zusammen mit Mazliah und Milz leitet sie den Projektraum Werkstatt in Frankfurt.

Carina Premer (*1988) lebt in Berlin und arbeitet als Lichtdesignerin, Dozentin und Choreografin im Bereich zeitgenössischer Tanz und darstellende Kunst. Ausgebildet als Lichttechnikerin und Operator, studierte sie Angewandte Theaterwissenschaft und den MA-Studiengang Choreographie und Performance in Gießen, wo sie verschiedene diskursive Formate entwickelte und moderierte und transdisziplinäre Performances und Ausstellungen kreierte. Carina verwendet häufig komplexe Lichtkompositionen und polyphone Dramaturgien, um Raum und Zeit fast unmerklich zu schrumpfen, zu dehnen und zu verzerren. Ihre Herangehensweise an Performance und Tanz ist stark von der Herausforderung des Rahmens der öffentlichen Präsentation und der Verflechtung von Arbeits- und Zuschauerbedingungen geprägt. In ihrer Arbeit hinterfragt sie Herkunft, Identität und Autorschaft, indem sie die Aufmerksamkeit auf das bereits Vorhandene lenkt und auf die subtilen Prozesse der Transformation und Veränderung.