21

Mats Staub

21

Mats Staub

21 versammelt Erinnerungen an das eigene Erwachsenwerden zwischen 1938 und 1955. Es sind Erzählungen aus einundzwanzigsten Lebensjahren, die immer auch geteilte Erfahrungen einer Generation vermitteln. Oft sind es jedoch ganz private, markante Umstände und Erlebnisse, die einen – unabhängig vom Alter – erwachsen machen oder es unerwartet fordern, erwachsen zu sein. Als Videoinstallation porträtiert 21 die Erzählerinnen und Erzähler als Hörende. Zum ersten Mal lauschen sie im Moment der Filmaufnahme den Tonaufzeichnungen ihrer eigenen Erinnerung.
Im September führt Mats Staub das langfristig angelegte Projekt 21 im Studio 2 des Mousonturms weiter und die Besucher der Installation können selbst zu Erzählenden werden.

Idee, Konzept, Realisation: Mats Staub * Kamera: Matthias Stickel * Ton: Andrea Brunner * Projektassistenz: Olivia Ebert * Produktionsleitung: Sven Heier * Eine Auftragsarbeit des Künstlerhaus Mousonturm. * Koproduktion: zwischen_produktionen, Migros-Kulturprozent

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Ausstellungsdauer: 11.9. – 29.9., Di. bis So., ab 17.00 Uhr

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"Frische Luft an die Wunde lassen"
Mats Staub bezeichnet sich selbst als Reisenden in Sachen Erinnerung. Seine Videoinstallation „21“ ist derzeit im Historischen Museum Frankfurt zu sehen. In seinem neuen Projekt „Death and Birth in My Life“ arbeitet er mit Menschen, die bereit sind, über ihre Erfahrungen mit Tod und Geburt zu sprechen.
VON SIMONE VON BÜREN
Das Zuhören ist in den Arbeiten des Schweizer Künstlers Mats Staub ebenso entscheidend wie das Sprechen. Das kommt in seinem Langzeitprojekt „21 – Erinnerungen ans Erwachsenwerden“ schön zum Ausdruck, das 2012 am Mousonturm seinen Anfang nahm und an dem inzwischen über 200 Menschen aller Generationen aus drei Kontinenten teilgenommen haben: Die Videoinstallation präsentiert die Erzählenden als Hörende ihrer eigenen Erinnerung. Denn Staub, der stark biografisch und partizipativ arbeitet, machte Tonaufnahmen der Teilnehmenden beim Reden über ihr 21. Lebensjahr, spielte ihnen die redigierten Fassungen später vor und filmte sie beim Zuhören. Wir sehen also nicht Menschen, die aus ihrem Leben erzählen, sondern Menschen, die sich selber aus ihrem Leben erzählen hören. Für seine neueste Videoinstallation „Death and Birth in My Life“ lässt Staub, statt selbst Gespräche zu führen, jeweils zwei Menschen miteinander über ihre Erlebnisse mit Tod und Geburt reden. Manche Gesprächspartner kennen sich dabei seit Jahrzehnten, andere begegnen sich zum ersten Mal. Zu Beginn steht die überlieferte Schilderung des eigenen Auf-die-Welt-Kommens. Danach erzählt ein Teilnehmer eine persönliche Erfahrung von Tod oder Geburt, während der andere ihm zuhört und dann mit einer eigenen existentiellen Geschichte auf das Gehörte reagiert. Mit dieser einfachen Dramaturgie löst der 46-jährige Künstler das fragile Reden über intime Momente und persönliche Grenzerfahrungen aus dem Zwang der konventionellen Alltagskonversation. „Die Gesprächspartner müssen nicht nachfragen oder mit gut gemeinten Sätzen Anteil nehmen“, erklärt Staub. Und die Besucherinnen und Besucher der Installation, auf je einem Monitor einem sprechenden und einem zuhörenden Gesicht gegenübersitzend, werden das dann ebenso wenig müssen. Sie wenden sich einfach zu und lassen sich ein. Mats Staubs Langzeitprojekte tragen die Orte, an denen sie gezeigt werden, auf wunderbare Weise mit sich. Denn überall, wo eine Installation zu sehen ist, führt Staub auch neue Gespräche. „21“ ist derzeit nach Frankfurt zurückgekehrt und bis zum 14. April im Historischen Museum zu sehen. Zwei der allerersten Teilnehmerinnen, die inzwischen 96-jährige Charlotte Ernenputsch und die 89-jährige Erika Pohl, haben sich nun auch für eines der ersten Gespräche über „Death and Birth“ zusammen gefunden, die Staub während einer Residenz im November 2018 am Mousonturm aufzeichnete. In einer zweiten Projektphase im Februar 2019 werden weitere Gespräche und Begegnungen folgen – Interessierte können sich gerne beim Mousonturm melden. Der Austausch der zwei Seniorinnen, die sich aus dem Frankfurter GDA Wohnstift kennen, aber trotzdem vieles voneinander noch nicht wussten, hat Staub berührt: „Die beiden sind einfach durch die Geschichte mäandriert. Sie schilderten Erinnerungen an weit Zurückgelegenes und Zeitnahes mit derselben Abgeklärtheit.“ Als „frische Luft an die Wunde lassen“ beschrieb ein Teilnehmer in Magaliesburg, Südafrika, die Erfahrung dieses Redens über existentielle Erfahrungen rund um Lebensanfang und Lebensende.